Erbschaftsteuer: Koalition einigt sich auf Gesetzesreform

Ein Ende der Unsicherheit ist in Sicht: Wenn der Entwurf der Koalition für die Neuregelungen im Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz umgesetzt wird, können Familienunternehmen den Generationswechsel nach einer langen Phase der Unsicherheit wieder verlässlich planen. Zur Erinnerung: Mit Urteil vom 17. Dezember 2014 erklärte das Bundesverfassungsgericht die Steuerbefreiungen des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes für Betriebsvermögen für verfassungswidrig und forderte den Gesetzgeber auf, eine Neuregelung bis zum 30. Juni 2016 zu beschließen. Wenige Tage vor Ablauf der gesetzten Frist haben sich Union und SPD am 20. Juni 2016 endlich auf die notwendige Reform geeinigt.

Die wichtigsten Änderungen und Neuregelungen hier im Überblick:

  • Wie bisher ist es möglich, einen Betrieb zu 85 oder 100 Prozent steuerbefreit auf die nächste Generation zu übertragen. In der Zukunft soll dies uneingeschränkt aber nur noch gelten, wenn der steuerbare Erwerb einen Wert von weniger als 26 Millionen Euro aufweist.
  • In Fällen eines begünstigungsfähigen Erwerbs im Umfang zwischen 26 Millionen Euro und 90 Millionen Euro wird der sogenannte abschmelzende Verschonungsabschlag angewendet. Der Erwerb eines Betriebes, der einen Wert von 90 Millionen Euro übersteigt, ist nicht mehr steuerbegünstigt.
  • Alternativ zum abschmelzenden Verschonungsabschlag und auch über die Grenze von 90 Millionen Euro hinaus können Erwerber einen Antrag auf die sogenannte Verschonungsbedarfsprüfung stellen. Hierbei werden 50 Prozent des Privatvermögens sowie des zeitgleich mit der Erbschaft oder Schenkung übergegangenen sonstigen nicht begünstigten Vermögens herangezogen als Vermögen, das für die Zahlung der Erbschaft- und Schenkungsteuer verfügbar ist. Soweit die Erbschaft- und Schenkungsteuer das verfügbare Vermögen übersteigt, kann sie erlassen werden.
  • Verwaltungsvermögen ist grundsätzlich nicht begünstigt, kann aber bis zu einer Grenze von 10 Prozent einer bestimmten Bemessungsgrundlage wie begünstigungsfähiges Betriebsvermögen behandelt werden. Darüber hinaus sieht der Gesetzesentwurf vor, dass u. a. Drittlandsbeteiligungen an Holdinggesellschaften sowie bestimmte Finanzmittel insgesamt jeweils als begünstigt gelten.
  • Der Lohnsummennachweis, der Voraussetzung einer 85- oder 100-prozentigen Steuerbefreiung ist, entfällt nunmehr für Unternehmen mit bis zu fünf Beschäftigten. Die bisherige Gesetzesregelung zog eine – vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich beanstandete – Grenze bei 20 Beschäftigten.
  • Im Falle eines Erwerbs von Todes wegen kann die Steuer auf das begünstigte Vermögen bis zu zehn Jahre zinslos gestundet werden.
  • Neben der Reform des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes wird durch die Gesetzesänderungen auch die Unternehmensbewertung modifiziert. Bei Anwendung des vereinfachten Ertragswertverfahrens gilt nunmehr ein Kapitalisierungsfaktor von 10 bis 12,5 an Stelle des bisherigen Multiplikators von 18. Das wird für erbschaft- und schenkungsteuerliche Zwecke zu einer entsprechend geringeren Unternehmensbewertung führen.

Zur Umsetzung der Reform mit dem geplanten Gesetz zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bedarf es noch der Zustimmung von Bundestag und Bundesrat. Es ist zu erwarten, dass der Bundesrat über das Gesetzesvorhaben in seiner letzten Sitzung vor der parlamentarischen Sommerpause am 8. Juli 2016 berät. Die Zustimmung des Bundesrates gilt allerdings als noch nicht sicher. Wird die Reform beschlossen, ist zu erwarten, dass die Gesetzesänderung mit Rückwirkung zum 1. Juli 2016 in Kraft tritt.

(21. Juni 2016)