Die Kalkulation des Generalplaner-Zuschlags

Welche Leistungen und Risiken ein Generalplaner zusätzlich zu den Planungsleistungen übernimmt, ist in der Praxis oft unklar, wenn Generalplanerverträge geschlossen werden. Dabei ist der Umfang seiner Verpflichtungen von grundlegender wirtschaftlicher Bedeutung, wenn es darum geht, den sogenannten Generalplanerzuschlag zu berechnen. Planungsunternehmen, die als Generalplaner agieren, sollten für die Kalkulation des Zuschlags analysieren, welche Leistungen und Risiken ihre Rolle als Generalplaner umfasst.

Im Überblick: Der Generalplaner-Zuschlag vergütet zweierlei, nämlich

  • Leistungen, die sonst der Auftraggeber selbst oder durch einen Projektsteuerer erbringen muss
  • Risiken, die der Generalplaner dem Auftraggeber abnimmt, bzw. spezielle Generalplaner-Risiken.

Diese Leistungen und Risiken sollten für eine sorgfältige Kalkulation schrittweise analysiert und bewertet werden.

KALKULATIONSSCHRITT 1: LEISTUNGEN

Der Generalplaner nimmt dem Auftraggeber zunächst verschiedene Leistungen ab, die der Auftraggeber selbst erbringen müsste, wenn er die Planungsbeteiligten selbst unmittelbar vertraglich binden würde. Diese Leistungen müssen bewertet werden. Die Bewertung hängt von dem damit verbundenen Aufwand ab. Diese Leistungen sind nicht preisreguliert, ihre Vergütung ergibt sich nicht aus der HOAI; sie ist zu unterscheiden von der Vergütung der Subplanerleistungen selbst.

Subplaner-Management

Dazu gehört vor allem die Aufgabe, eine komplette Übersicht über die weiter benötigten Planungsleistungen anzufertigen, Schnittstellen für die Aufteilung auf Subplaner zu definieren und dann entsprechende Subplanerangebote einzuholen, miteinander zu vergleichen, die Subplanerverträge vorzubereiten und auszuhandeln.

Für den Objektplaner gehört es zum Leistungsumfang in der Leistungsphase 1, zur Auswahl der anderen an der Planung fachlich Beteiligten Entscheidungshilfen zu formulieren. Zu prüfen ist, ob diese Leistungsphase honoriert wird, sonst gehört sie zur Zuschlagskalkulation. Und wenn ein anderer Planer die Generalplanung übernimmt, ist das für ihn jedenfalls eine zusätzliche Leistung. Schließlich: Selbst die Besondere Leistung der „Verfahrensbetreuung, Mitwirken bei der Vergabe“ deckt nur einen Teil dieser Aufgaben ab.

Zum Subplaner-Management gehört auch die Abrechnung der Subplanerverträge, Rechnungsprüfung, Zahlungsverkehr etc.

Projektsteuerung auf Subplanerebene: Schnittstellen

Bei Einzelvergabe der Planungsleistungen schuldet jeder Planer die Koordination von ihn betreffenden Schnittstellen. So muss etwa der Architekt auf Schnittstellen hinweisen und ankündigen, wann welche Fachplaner-Zuarbeit erforderlich ist. Aber es ist Aufgabe des Auftraggebers, die erforderliche Zuarbeit der Fachplaner tatsächlich durchzusetzen.

Diese Leistung übernimmt der Generalplaner: Er trägt selbst die Schnittstellen-Verantwortung und muss die richtige und rechtzeitige Zuarbeit durchsetzen. Diese Leistung ist nicht zu verwechseln mit der inhaltlichen Koordination, die der Architekt im Rahmen seiner Leistungen übernimmt – vor allem dann nicht, wenn gar nicht der Architekt, sondern ein anderer Planer als Generalplaner auftritt.

KALKULATIONSSCHRITT 2: RISIKEN

Der Generalplaner übernimmt eine Reihe von Risiken, die bei einer Einzelvergabe der Planungsleistungen der Auftraggeber trüge oder die aus der Generalplanerstruktur folgen. Die folgende Aufzählung ist nicht abschließend, sondern gegebenenfalls projektspezifisch zu ergänzen. Zur Bewertung der Risiken schlagen wir erste Überlegungen nur ansatzweise vor; die Risikobewertung ist im Einzelfall schwierig und eine betriebswirtschaftliche Aufgabe.

Insolvenz-/Kündigungsrisiko Subplaner

Bei Einzelvergabe der Planungsleistungen trägt der Auftraggeber den Mehraufwand bei Insolvenz oder Kündigung eines Subplaners. Fällt ein Subplaner aus – ob wegen Insolvenz oder weil der Vertrag gekündigt wird, von wem auch immer –, muss der Auftraggeber Ersatz beschaffen: Er trägt die damit verbundenen Mehrkosten, und während des dafür benötigten Zeitraums kommen Entschädigungsansprüche der anderen Planer nach § 642 BGB in Betracht.

Im Rahmen eines Generalplanervertrages trägt der Generalplaner das Risiko des Wegfalls eines Subplaners. Denn er ist der Auftraggeber der Subplaner und gegenüber seinem eigenen Auftraggeber selbst dafür verantwortlich, dass diese Leistungen erbracht werden.

Die Bewertung dieses Risikos geschieht in zwei Schritten:

  • Zunächst muss der Generalplaner einschätzen, was er aufzuwenden hat, wenn zum Beispiel ein Subplaner insolvent wird: Ist mit Mehraufwendungen bei der Neuvergabe zu rechnen, etwa durch doppelt zu vergütende Leistungen, andere Verhandlungssituation im Hinblick auf die Honorarparameter? Insbesondere bei Wegfall eines Subplaners während der Ausführung ist wenig wahrscheinlich, dass der Nachfolger für die noch offene Restvergütung leisten wird. Außerdem wird es dem Generalplaner im Falle einer streitigen Beendigung des Subplanervertrags nur selten gelingen, vor der Vergabe an den Nachfolger die Leistungsbewertung des scheidenden Subplaners abzuschließen. Und: Welchen Aufwand bedeutet das für das eigene Team im eigenen Büro? Schließlich: Erlauben die Subplanerverträge den anderen Subplanern, die auf die Leistungen des weggefallenen Subplaners angewiesen sind, Entschädigungsansprüche geltend zu machen? Es ist nur grob möglich, dieses Risiko zu bewerten. Aber es dürfte nicht unter 10-15 Prozentpunkten einer durchschnittlichen Subplanerleistung liegen.
  • Im zweiten Schritt ist die Eintrittswahrscheinlichkeit abzuschätzen. Wird sich das Risiko sicher verwirklichen, liegt sie bei 100 Prozent: Man kann den geschätzten Aufwand in voller Höhe ansetzen. Weil der Aufwand nur für einen Subplaner ermittelt worden ist, sind theoretisch auch Ansätze >100 Prozent denkbar. Ist das Risiko ausgeschlossen, beträgt es 0 Prozent, es sind 0 Euro anzusetzen. Bei beispielsweise fünf Subplanern kann man annehmen, es werde allenfalls in einem Leistungsbereich ein Problem auftreten, und das nur mit der Wahrscheinlichkeit eines Drittels. Der Ansatz ist dann 100 / 5 / 3 = 6,67 Prozent.

Inkongruente Verjährungsfristen

Die Subplanerleistung ist oft früher beendet als die des Generalplaners, ob das der Architekt selbst ist oder ein anderer Fachplaner. In vielen Subvertragsverhältnissen wird es nicht gelingen, die Verjährungsfristen zu synchronisieren, vor allem nicht, wenn es sich bei der jeweiligen Subplanerleistung um eine untergeordnete Leistung handelt, die nur für die erste Phase der Generalplanerleistungen benötigt wurde, zum Beispiel Beratungsleistungen bis zur Ausführungsplanung etc. Das führt dazu, dass Ersatzansprüche gegen den Subplaner verjährt sind, wenn der Generalplaner selbst noch in Anspruch genommen werden kann.

Im Rahmen versicherter Ansprüche (der Natur und der Höhe nach) nimmt der Versicherer dem Generalplaner dieses zusätzliche Risiko ab, wenn der Generalplaner (wie zu empfehlen ist) eine umfassende Versicherung unterhält. Außerhalb des Versicherungsschutzes nimmt der Generalplaner dem Auftraggeber dieses Verjährungsrisiko ab: Zeigt sich ein Fehler des Fachplaners erst nach Ablauf der Fachplaner- aber vor Ablauf der Generalplaner-Verjährung, dann haftet der Generalplaner gegenüber dem Auftraggeber für diesen Fehler, kann aber selbst nicht mehr Regress nehmen beim Fachplaner.

Zuordnung und Verfolgung von Fachplanerfehlern

Zeigen sich bei einzeln vergebenen Planungsleistungen Mängel, steht der Auftraggeber häufig vor einer schwierigen Aufgabe: Welcher Planer ist verantwortlich? Mehrere? Auf welchem Wege – und mit welchen Aussichten – sind Ansprüche durchsetzbar? Der Planer, der nur eine einzige Planungsdisziplin übernommen hat (z.B. der Architekt nur die Objektplanung Gebäude), haftet jedenfalls nur dann für Fehler anderer (Fach-)Planer, wenn es sich um grobe, auch ohne spezielle Fachkenntnisse erkennbare Fehler handelt.

Im Generalplaner-Modell übernimmt der Generalplaner die damit verbundenen Aufgaben dem Auftraggeber ab. Der Generalplaner haftet für jeden Fehler in seinem Team. Das allein führt zu höheren Rechtsberatungskosten beim Generalplaner, der vom Auftraggeber „immer für alles“ in Anspruch genommen wird und dann seinerseits Regress-Prozesse gegen die Subplaner führen muss. Und bei nicht versicherten Schäden (z.B. Selbstbehalte, Sanierungsplanungskosten, häufig: Verzögerungsschäden) trifft den Generalplaner neben dem Abwehraufwand das Insolvenzrisiko des für den Fehler verantwortlichen Subplaners.

Die Bewertung dieses Risikos ist mehrstufig:

  1. Zunächst kann der Generalplaner den typischen Aufwand in einer durchschnittlichen Gewährleistungssituation kalkulieren: eigene Zeit, Abwicklung mit dem Versicherer, fremde Kosten etc.
  2. Das Risiko, mit einem nicht versicherten Anspruch konfrontiert zu sein, kann beziffert werden nach einem durchschnittlichen Schadenbetrag (z.B. 100.000 Euro) und der Häufigkeit nicht versicherter Schäden (beispielsweise zu 25 Prozent); so ergäbe sich ein Betrag von 25.000 Euro.
  3. Der Generalplaner muss auch das Risiko kalkulieren, einen Ersatzbetrag gegenüber dem Subplaner nicht durchzusetzen, entweder, weil der Schaden nicht versichert ist und der Subplaner ihn nicht aus eigenen Kräften aufbringt (Insolvenzrisiko!), oder weil der Generalplaner bei der Zuordnung zu einem der Subplaner einen Fehler macht. Dafür könnte zum Beispiel die Summe aus 1. und 2. mit einer Ausfallwahrscheinlichkeit angesetzt werden, z.B. 15 Prozent. Die Kosten sollten bei 1. kalkuliert sein.

 

Liquiditätslücken bei überschießenden Honorareinbehalten und Zahlungsverzug des Auftraggebers

Eines der empfindlichsten Generalplanerrisiken liegt in folgendem: Tritt irgendwo im Generalplaner-Team ein Fehler auf, kann der Auftraggeber bis zur Beseitigung des Fehlers das gesamte Abschlagshonorar des Generalplaners einbehalten, selbst wenn darin auch die Vergütungen für andere und fehlerfrei erbrachte Planungsbeiträge enthalten sind. Aber der Generalplaner kann das oft nicht „nach unten“ übersetzen, sondern ist gegenüber den fehlerfrei arbeitenden Subplanern verpflichtet zu bezahlen. Liquiditätslücken drohen auch bei Zahlungsverzug des Auftraggebers. Bezahlt der Auftraggeber Abschlagsrechnungen des Generalplaners nicht, muss dieser trotzdem seine Subplaner bezahlen. Die Vertragsverhältnisse Generalplaner/Auftraggeber einerseits und Generalplaner/Subplaner andererseits sind rechtlich zwei verschiedene Paar Schuhe. Es ist dabei gar nicht einfach für den Generalplaner, diesem Problem in den Subplaner-Verträgen rechtssicher zu begegnen (etwa durch „pay when paid“-Klauseln). Die Gerichte stehen solchen Klauseln kritisch gegenüber.

Das Risiko ist an Hand von Finanzierungsmöglichkeiten und -kosten zu bewerten. Was kostet es, die Liquiditätslücke zu schließen (Aufwand und Zins), und wie wahrscheinlich ist der Fall?

Sicherheitsleistungen

Der von der öffentlichen Hand beauftragte Generalplaner steht vor einem besonderen Problem: Seine Subplaner können von ihm Sicherheiten nach § 648a BGB fordern, er aber nicht von seinem Auftraggeber (§ 648a  Abs. 6 BGB). Um die Sicherheit zu stellen (typischerweise durch Bankbürgschaft), muss der Generalplaner Liquidität in entsprechender Höhe zur Absicherung des Sicherungsgebers (Bank) blockieren. Aber auch der Generalplaner, der von seinem (privaten) Auftraggeber eine Sicherheit fordern kann, muss möglicherweise eigene Sicherheiten für die Subplaner beschaffen, weil die Auftraggebersicherheit nicht einfach durchgereicht werden kann. Was kostet das? Wie wahrscheinlich ist es? Auch das muss kalkuliert werden.

KALKULATION VON LEISTUNGEN UND RISIKEN: GENERALPLANER-ZUSCHLAG

Fazit: Der Generalplaner nimmt dem Auftraggeber Leistungen ab und er übernimmt Risiken. Beides – Leistungen und Risiken – hat der Generalplaner-Zuschlag zu vergüten. Und beides kann der Generalplaner kalkulieren.

  • Soweit der Generalplaner dem Auftraggeber Leistungen abnimmt, sind wie bei anderen Leistungen Kosten plus Gewinn zu kalkulieren.
  • Risiken sind zwar naturgemäß in der Kalkulation schwerer zu fassen als Leistungen. Aber auch den Risiken kann sich der Generalplaner kalkulatorisch nähern durch die Formel: Eintrittswahrscheinlichkeit mal Kosten im Eintrittsfall.

Beide Faktoren ergeben den „Generalplaneraufwand“. Daraus kann der Generalplanerzuschlag berechnet werden, entweder als Betrag oder prozentual. Für die prozentuale Rechnung muss entschieden werden, ob der der Zuschlag auf die gesamte Vergütung oder „nur“ auf die Leistungen berechnet wird, die der Generalplaner weiter vergibt, also nicht selbst erbringt. Natürlich liegt die Berechnung auf Fremdleistungen näher. Dann muss der Zuschlag aber auch etwas höher sein, um mathematisch zu demselben Ergebnis zu kommen. Diese Berechnungsmethode ist immer dann vorzuziehen, wenn der Zuschlag auch noch für künftige Fachplaner- und Beratungsleistungen gelten soll, die die Parteien noch nicht kennen und die später noch (zum Beispiel „open book“) vergeben werden sollen.

Oft wird es wirtschaftlich (auch) erforderlich sein, Subplaner an dem Aufwand zu beteiligen, weil der Bauherr nicht den gesamten Aufwand tragen will. Die Beteiligung der Subplaner daran kann auch unter verschiedenen Gesichtspunkten gerechtfertigt sein: Der Generalplaner nimmt den Subplanern den Akquisitionsaufwand ab, verhandelt den Generalplanervertrag (einmal für alle), wickelt die Vertragsbeziehungen einschließlich möglicher Gewährleistungsfälle ab etc. Hier können vor allem Kostenerstattungsregelungen getroffen werden.