EuGH-Generalanwalt zur Haftung für Internet-Links

Es handelt sich um eine der aktuell wichtigsten Fragen des Urheberrechts im Internet: Ist das Verlinken auf Webseiten mit urheberrechtlich geschützten Inhalten eine öffentliche Wiedergabe, für die der Rechteinhaber um Erlaubnis gefragt werden muss? Beim Verlinken auf illegal hochgeladene Inhalte ist die Rechtslage bislang ungeklärt. Der EuGH-Generalanwalt lehnt eine Urheberrechtsverletzung in seinem aktuellen Schlussantrag nun ab und stellt sich damit wohl gegen die Auffassung des BGH. Die Entscheidung des EuGH ist nach dem Schlussantrag daher mit Spannung zu erwarten. Sie ist von hoher praktischer Bedeutung für Medienplattformen, Unternehmen mit eigenen Internetauftritten und letztlich sämtliche Internet-Nutzer, die – z.B. in sozialen Netzwerken – auf andere Webseiten verlinken.

Wer auf fremde Webseiten verlinkt, auf der urheberrechtlich geschützte Inhalte mit Zustimmung des Rechteinhabers veröffentlicht wurden, benötigt hierfür keine Erlaubnis. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat für diesen Fall eine öffentliche Wiedergabe sowohl bei Hyperlinks als auch beim Embedden fremder Inhalte auf der eigenen Webseite im Wege des Inline-Framings abgelehnt. Ob dies auch gilt, wenn auf Internetseiten verlinkt wird, auf der die geschützten Inhalte illegal, also ohne die Zustimmung des Rechteinhabers hochgeladen wurden, hat der EuGH bislang offen gelassen.

Das aktuelle niederländische Vorlageverfahren gibt nun Anlass zur Klärung dieser Rechtsfrage. Der Betreiber einer niederländischen Webseite hatte auf eine australische Seite verlinkt, auf der illegal hochgeladene Playboy-Fotos der TV-Moderatorin Britt Dekker zu sehen waren. Der Playboy-Verlag klagte gegen die niederländische Webseite auf Unterlassung der Verlinkung. Der Hoge Raad, das oberste Gericht der Niederlande, legte den Fall dem EuGH zur Entscheidung vor.

Der Generalanwalt beim EuGH Wathelet lehnt eine öffentliche Wiedergabe im Sinne der Info-Soc-Richtlinie 2001/29 in seinem Schlussantrag nun ab und plädiert im Ergebnis dafür, dass für Links im Internet urheberrechtlich generell nicht gehaftet wird. Da die Inhalte auf der verlinkten Webseite ohnehin schon für jedermann im Internet frei abrufbar seien, mache das Verlinken auf diese Webseite deren Inhalte nicht erneut der Öffentlichkeit „zugänglich“. Das Setzen von Hyperlinks durch Nutzer sei für das Funktionieren des Internets unerlässlich und könne nicht dadurch erschwert werden, dass vorher Erkundigungen darüber einzuholen sind, ob frei zugängliche Inhalte mit oder ohne Zustimmung des Rechteinhabers hochgeladen wurden.

Der BGH hat dies in Bezug auf das Embedden von illegal hochgeladenen Inhalten im Wege des Inline-Framings anders entschieden. Er bejahte In seiner jüngsten Entscheidung „Die Realität II“ eine Urheberrechtsverletzung, ohne die Sache allerdings dem EuGH zur Entscheidung vorzulegen.

Je nach Ausgang des Verfahrens wird zu klären sein, wie sich die Rechtsprechung des EuGH zur deutschen Störerhaftung für Hyperlinks verhält. Unabhängig von einer öffentlichen Wiedergabe kommt eine Haftung des Link-Setzenden nach der ständigen Rechtsprechung des BGH nämlich in Betracht, wenn der Inhalt, auf den verlinkt wird, offensichtlich rechtswidrig ist oder der Link-Setzende Kenntnis von der Rechtswidrigkeit hat.

(7. April 2016)